Urteil des Landgerichts Koblenz vom 14.03.2024 – Az.: 3 O 457/23
Die Schenkung von Sparbüchern kann auch ohne eine Abtretungserklärung wirksam sein. Das hat das Landgericht Koblenz mit Urteil vom 14. März 2024 entschieden (Az.: 3 O 457/23).
Schenkungen zu Lebzeiten sind eine interessante Option, Steuerfreibeträge beim Vermögensübergang optimal nutzen zu können. Um Interpretationsspielräume zu vermeiden, sollte eine Schenkung möglichst eindeutig als solche erkennbar sein, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Erbrecht berät.
Das zeigt sich auch in dem zu Grunde liegenden Fall vor dem Landgericht Koblenz, auch wenn es hier vermutlich weniger um die optimale Ausnutzung von Freibeträgen bei der Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer gegangen sein dürfte. Konkret war die beklagte Frau im Besitz zweier Sparbücher ihres verstorbenen Bruders. Die Sparbücher wiesen ein Guthaben in Höhe von rund 92.000 Euro auf. In seinem Testament hatte der Erblasser festgelegt, dass seine Frau die Hälfte und seine Schwester ein Viertel erben sollten. Der Rest ging an entferntere Verwandte.
Testamentsvollstrecker verlangt Herausgabe der Sparbücher
Für die Sparbücher lag jedoch weder eine notarielle Schenkungsurkunde noch eine Abtretungserklärung vor. Der Testamentsvollstrecker verlangte daher von der Schwester des Erblassers die Herausgabe der Sparbücher. Mangels Abtretungserklärung seien die Sparbücher dem Nachlass zuzuordnen. Eine Schenkung käme schon nicht in Betracht, weil die Schwester keine Schenkungssteuer gezahlt habe, argumentierte der Testamentsvollstrecker.
Die beklagte Schwester behauptete hingegen, dass ihr Bruder ihr die Sparbücher übergeben und durch Abtretung auf sie übertragen habe. Ihr Bruder habe ihr erklärt, dass sie über das Guthaben verfügen könne. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt.
LG Koblenz weist Klage ab
Das LG Koblenz folgte der Schwester und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Wirksamkeit einer Schenkung bei beweglichen Sachen in der Regel nicht von einem notariell beglaubigten Vertrag abhänge. Vielmehr werde die Schenkung einer beweglichen Sache durch Übergabe direkt vollzogen.
Bei einem Sparbuch reiche die Übergabe zum Vollzug der Schenkung allerdings nicht aus, schränkte das Gericht ein. Denn das Sparbuch verbriefe eine Forderung gegen die Bank. Diese Forderung gegen die Bank gehe nicht dadurch auf eine andere Person über, weil das Eigentum an der Urkunde, hier die Sparbücher, auf diese Person übertragen wurden. Wer auch das Guthaben auf eine andere Person übertragen möchte, müsse mit ihr die Abtretung der Forderung gegen die Bank vereinbaren. Bei einem Sparbuch werde die Schenkung daher grundsätzlich durch eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und einer beschenkten Person vollzogen, so das LG Koblenz.
Abtretungserklärung kann auch stillschweigend erfolgen
Eine solche Abtretungserklärung könne aber sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden, machte das Gericht weiter deutlich. Werde ein Sparbuch mit dem Willen „das darfst Du behalten“ an eine andere Person übergeben, sei damit regelmäßig die Vorstellung verbunden, dass damit alles geregelt ist und das Guthaben wirksam an die beschenkte Person übergegangen ist. Die Rechtsprechung gehe daher in bestimmten Fällen davon aus, dass die Abtretungsvereinbarung stillschweigend getroffen wurde, so dass die Schenkung schon mit der Übergabe des Sparbuchs wirksam erfolgt ist, führte das LG Koblenz weiter aus.
Dazu müssten aber immer die Umstände des Einzelfalls betrachtet werden, auch wenn die Übergabe des Sparbuchs in aller Regel ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Abtretung der Forderung sei, so das Gericht.
Schenkung wirksam erfolgt
In dem zu Grunde liegenden Fall habe die Beklagte vorgetragen, dass ihr Bruder ihr die Sparbücher mit der ausdrücklichen Erklärung übergeben habe, dass sie über das Geld frei verfügen könne. Die Geschwister hätten stets ein inniges Verhältnis zueinander gepflegt und der Erblasser habe seine Schwester mit der Schenkung der Sparbücher finanziell fürs Alter absichern wollen, erklärte das LG Koblenz. Zu Gunsten der Beklagten sei ebenfalls zu werten, dass sie nicht anders in den Besitz der Sparbücher gelangt sein könnte als durch eine willentliche Übergabe ihres Bruders. Zur Überzeugung des Gerichts habe die Beklagte die Sparbücher von ihrem Bruder mit dem entsprechenden Abtretungswillen erhalten.
Auch wenn bei der Bank keine Abtretungsvereinbarung zu Gunsten der Schwester hinterlegt wurde, stehe dies einer wirksamen Schenkung nicht entgegen, entschied das LG Koblenz. Die fehlende Anzeige der Schenkung beim Finanzamt könne viele Gründe haben, vermutlich war der Schwester die Anzeigepflicht nicht bewusst. Die steuerrechtlichen Folgen müsse sie tragen, an der Wirksamkeit der Schenkung ändere das aber nichts, so das Gericht weiter.
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