Verluste können im vollen Umfang mit Gewinnen verrechnet werden
Zum Jahresende gibt es eine gute Nachricht für Anleger: Sie können Verluste aus Termingeschäften wieder vollständig verrechnen. Die umstrittene steuerliche Regelung, dass Verluste aus hochspekulativen Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Geschäften der gleichen Art und nur bis zu einem Betrag von 20.000 Euro im Jahr verrechnet werden dürfen, wird abgeschafft.
Möglich wird dies, nachdem der Bundesrat das Jahressteuergesetz 2024 am 22. November verabschiedet hat. Für Anleger und Trader bedeutet das, dass sie Verluste aus Termingeschäften wieder im vollen Umfang mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnen können, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Steuerrecht berät.
Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
Für Termingeschäfte galten seit 2021 gemäß § 20 Abs. 6 EStG strenge Beschränkungen bei der Verrechnung von Verlusten. So durften Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Geschäften der gleichen Art verrechnet werden. Zudem war die Verlustverrechnung auf einen Höchstbetrag von 20.000 Euro im Jahr beschränkt. Verluste, die über diesen Betrag hinausgingen, konnten erst in den Folgejahren und wiederum nur bis zu einem Maximalbetrag von 20.000 Euro verrechnet werden.
Die Verlustverrechnungsbeschränkung galt nicht nur bei hochspekulativen Termingeschäften wie CFDs oder Futures, sondern auch bei wertlos gewordenen Aktien oder Unternehmensanteilen. Für viele Anleger stellte die Verrechnungsbeschränkung eine enorme finanzielle Belastung dar. Nachdem sie nun wieder abgeschafft wird, können die Verluste wieder uneingeschränkt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden.
BFH hat verfassungsrechtliche Bedenken
Die Verlustverrechnungsbeschränkung war seit ihrer Einführung rechtlich umstritten. Zuletzt äußerte der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 7. Juni 2024 Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung, da sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen könnte (Az.: VIII B 113/23).
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger mit Contracts for Difference (CFD) gehandelt. In der Steuererklärung hatte er Einkünfte aus ausländischen Kapitalerträgen aus Termingeschäften in Höhe von rund 250.000 Euro und Verluste aus Termingeschäften in Höhe von ca. 227.000 Euro angegeben. Das Finanzamt verrechnete die Verluste aus den Termingeschäften aber nur bis zum gesetzlichen Höchstbetrag von 20.000 Euro mit den Gewinnen. Unterm Strich führte das dazu, dass der Kläger im Streitjahr rund 60.000 Euro Steuern zahlen sollte, obwohl er nur 23.000 Euro Gewinn gemacht hatte.
Beschränkung verletzt Gleichheitsgrundsatz
Aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Bedenken bestätigte der BFH die Entscheidung des zuständigen Finanzgerichts dem Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung stattzugeben. Der BFH betonte, dass er den Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz durch die Verrechnungsbeschränkung verletzt sehe. Gewinne und Verluste würden dadurch ungleich behandelt. Während Verluste nur bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 20.000 Euro steuerlich berücksichtigt werden können, müssten die verbliebenen Gewinne voll versteuert werden. Dies könne dazu führen, dass Gewinne versteuert werden müssen, die wirtschaftlich nicht erzielt wurden, so der BFH.
Bundestag und Bundesrat haben die Bedenken des BFH offenbar geteilt und die Verlustverrechnungsbeschränkung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 wieder abgeschafft. Davon können Anleger auch rückwirkend profitieren. Das gilt allerdings nur für die noch offenen Fälle. Anleger sollten daher prüfen, ob ihre Steuerbescheide bereits rechtskräftig sind oder das Finanzamt die Möglichkeit der Nachprüfung offen gelassen hat. Sind Änderungen des Steuerbescheids noch möglich, sollten sie beim Finanzamt beantragt werden.
Unbeschränkte Verrechnung der Verluste
Anleger können ihre Verluste aus Termingeschäften nun wieder unbeschränkt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen wie Zinsen oder Dividenden verrechnen. Nur der Nettogewinn muss versteuert werden. Sollte der Steuerbescheid bereits rechtskräftig sein, sollte zumindest geprüft werden, ob eine Verrechnung von Verlusten und Gewinnen über den bisherigen Höchstbetrag von 20.000 Euro möglich ist.
Offen ist noch, ob die Verrechnungsbeschränkung bei Verlusten aus Aktiengeschäften geändert wird. Hier ist derzeit nur eine Verrechnung mit Aktiengewinnen möglich. Aber auch in diesem Punkt gibt es verfassungsrechtliche Bedenken.
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