Urteil des Hessischen Finanzgerichts zur Besteuerung einer Abfindung
Steuergesetze können sich nach einer Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts vom 21. November 2023 rückwirkend entfalten (Az.: 10 K 1421/21). Demnach kann eine Abfindung seit 2017 in Deutschland besteuert werden, auch wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz inzwischen im EU-Ausland hat.
Hat ein Arbeitnehmer aufgrund der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten und seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, konnte die Abfindungszahlung in Deutschland steuerfrei sein, wenn der Steuerpflichtige bei Erhalt der Abfindung seinen Wohnsitz in einem Land hatte, dem nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorrangig das Besteuerungsrecht zusteht. Durch eine Gesetzesänderung ist seit dem 1. Januar 2017 allerdings auch möglich, dass eine anlassbezogene Abfindung auch in Deutschland der Steuer unterliegt, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im internationalen Steuerrecht berät.
Wohnsitz im Ausland bei Zahlung der Abfindung
Das Finanzgericht in Kassel hat nun entschieden, dass Steuergesetze auch rückwirkend gelten können. In dem zu Grunde liegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin ihr Arbeitsverhältnis im Jahr 2016 einvernehmlich beendet. Zum Ausgleich war der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung bereit. Auf Wunsch der Frau wurde die Abfindung aber erst 2017 an sie ausgezahlt. Inzwischen hatte die Frau ihren Wohnsitz in Malta.
Das hinderte das zuständige Finanzamt jedoch nicht daran, die Abfindung bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen.
Klägerin beruft sich auf Vertrauensschutz
Dagegen wehrte sich die Frau. Sie argumentierte, dass die geänderte Regelung des § 50d Abs. 12 Satz 1 EStG zum Zeitpunkt der Abfindungsvereinbarung und ihres Wegzugs nach Malta weder existiert habe noch abzusehen war. Sie habe mit so einer Gesetzesänderung nicht rechnen müssen und könne sich auf Vertrauensschutz berufen.
Ihre Klage hatte am Hessischen Finanzgericht keinen Erfolg. Den Einwand einer unzulässigen Rückwirkung wies das Gericht zurück. Von einer unzulässigen Rückwirkung könne im Steuerrecht nur ausgegangen werden, wenn eine bereits entstandene Steuerschuld vom Gesetzgeber nachträglich geändert werde. Gesetzesänderungen, die erst im nachfolgenden Besteuerungszeitraum wirken, seien hingegen in der Regel zulässig, so das Gericht.
Revision beim BGH anhängig
Zudem fänden Änderungen im Einkommensteuerrecht typischerweise mit Bezug zum Veranlagungszeitraum statt. Daher könnten Steuerpflichtige sich in der Regel auch nicht auf Vertrauensschutz für die Weitergeltung einer alten Regelung berufen, führte das FG Hessen weiter aus. Im vorliegenden Fall komme noch hinzu, dass sich die Klägerin ihre Abfindung noch 2016 hätte auszahlen lassen können, so dass sie ggf. in Deutschland noch steuerfrei gewesen wäre.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Revision ist beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VI R 3/24 anhängig.
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