Betreuerin der Erblasserin hat keinen Anspruch auf das Erbe
Ein Testament ist sittenwidrig, wenn eine Zwangslage des Erblassers ausgenutzt wird. Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 9. Januar 2024 deutlich gemacht, dass Sittenwidrigkeit vorliegen kann, wenn eine Berufsbetreuerin ihre Stellung ausnutzt, um gezielt auf einen leicht beeinflussbaren Erblasser einzuwirken, sie als Erben einzusetzen (Az.: 6 W 175/23). Das gilt auch bei einem notariellen Testament.
Ein Testament kann aus unterschiedlichen Gründen sittenwidrig und somit nichtig sein. Von Sittenwidrigkeit wird bspw. ausgegangen, wenn eine Zwangslage oder Schwäche des Erblassers ausgenutzt wird, damit er eine bestimmte Person als Erben einsetzt. Weitere Gründe für Sittenwidrigkeit können eine Wiederverheiratungsklausel oder der Verstoß gegen Gesetze sein, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die auch im Erbrecht berät.
Zwangslage der Erblasserin ausgenutzt
In dem Fall vor dem OLG Celle sah das Gericht eine Ausnutzung einer Zwangslage der Erblasserin durch ihre Betreuerin und erklärte das notariell erstellte Testament für sittenwidrig.
Erblasserin war eine 92-jährige Frau. Um ihre Angelegenheiten hatte sich bislang ihre einzige Tochter gekümmert. Die Tochter verstarb allerdings im September 2022. Ihre Mutter befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus. Zwei Tage nach dem Tod der Tochter bestellte das Amtsgericht für die Mutter eine Berufsbetreuerin. Diese beauftragte einen Notar mit der Erstellung eines Testaments. In dem Testament setzte die 92-Jährige ihre Berufsbetreuerin als Alleinerbin ihres Vermögens in Höhe von rund 350.000 Euro ein. Der Notar beglaubigte das Testament noch im Krankenhaus. Als die Erblasserin das Krankenhaus kurz darauf verlassen konnte, nahm die Berufsbetreuerin sie bei sich auf. Nur vier Tage später verstarb die Erblasserin.
Gericht weist Antrag auf Erbschein ab
Als die Betreuerin den Erbschein beantragte, wies das zuständige Amtsgericht den Antrag wegen Sittenwidrigkeit ab. Die Beschwerde der Betreuerin wies das OLG Celle zurück.
Zur Begründung führte das OLG aus, dass das notarielle Testament gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sei. Damit hat das OLG an seiner mit rechtskräftigen Urteil vom 7. Januar 2021 (Az. 6 U 22/20) vertretenen Auffassung festgehalten, dass ein notarielles Testament zu Gunsten einer Berufsbetreuerin sittenwidrig sein kann. Die Sittenwidrigkeit begründete das OLG Celle vor allem mit dem hohen Alter der Erblasserin, ihrem schlechten Gesundheitszustand und auch ihrer schlechten psychischen Verfassung aufgrund des Tods ihrer Tochter und der zeitlichen Nähe zwischen Einrichtung der Betreuung und Erstellung des Testaments.
Durch die Sittenwidrigkeit ist das Testament nichtig. Folge ist, dass wieder die gesetzliche Erbfolge gilt.
MTR Legal Rechtsanwälte berät rund um das Testament und weiteren Fragen des Erbrechts.
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